Kraftwerke gehören zu den monumentalsten Bauten der Industriegeschichte und erhaltene Exemplare sind auch nach ihrer Nutzungsdauer nicht übersehbare Symbole des Industriezeitalters.      

Bis Großkraftwerke entstehen konnten, war eine kontinuierliche technische Weiterentwicklung nötig. Auf diesem Weg konnten im Land Niederösterreich immer wieder wichtige Impulse gesetzt werden, wie ein kurzer Streifzug durch die Entwicklung der Kraftwerkstechnik und ihrer industriehistorischen Bedeutung zeigt.

Über Jahrhunderte lieferte das Wasser die wichtigste Kraftquelle zum Antrieb unterschiedlichster Produktionsanlagen, wie Getreidemühlen, Sägewerke oder Radwerke.

Noch heute zeugen erhaltene Wassermühlen vom Erfindungsreichtum und technischem Wissen, dem Wasser die benötigte Kraft zum Antrieb der Maschinen abzugewinnen.

Mit der Erfindung der Dampfmaschine und der damit verbundenen thermischen Umwandlung von Kohle in Wasserdampf konnte die lokale Abhängigkeit von einem fließenden Gewässer und den oftmals stark schwankenden Wassermengen überwunden werden und während die Leistungsfähigkeit der Dampfmaschinen stetig wuchs, vergrößerten sich auch die Energiebedarfe der Produktionsbetriebe infolge der schnell fortschreitenden Mechanisierung. Es war das Zeitalter der Dampfmaschinen, die die benötigte Kraft über Transmissionsanlagen in die Maschinensäle übertrugen. Die Baumwollspinnerei in Oberwaltersdorf stellt eine mustergültig sanierte Anlage aus dieser Zeit dar. Trotz Umnutzung sind sowohl die zentrale Dampfmaschine, als auch Teile der Transmissionen erhalten geblieben. Die Spinnerei ist ein inzwischen seltenes Beispiel für ein in großen Teilen erhaltenes Industrieensemble des frühen 19. Jahrhunderts.

Abbildung 2 Dampfmaschinenhaus der Baumwollspinnerei in Oberwaltersdorf: Vom zentralen Schwungrad erfolgte die Kraftübertragung mit Lederriemen oder Seilen auf Transmissionswellen, deren Riemenscheiben die Kraft auf zwischengelagerte Wellen bis zu den Antriebsmaschinen weiterleiteten.

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts begann der Siegeszug der elektrischen Energieerzeugung. Die in Berndorf beheimatete Metallwarenfabrik der Familie Krupp gehörte zu den fortschrittlichsten Unternehmen ihrer Zeit und setzte im Jahr 1873 zum ersten Mal eine Gleichstrommaschine zur Energieerzeugung ein. Dieses bei der Wiener Weltausstellung präsentierte Gerät des Belgiers Gramme wurde in der Metallwarenfabrik aufgestellt und galt als einer der ersten elektrischen Kraftanlagen überhaupt. Mit den Forschungen zum dynamoelektrischen Prinzip, also der Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie, gelang Werner von Siemens im Jahr 1866 ein wesentlicher Meilenstein zur wirtschaftlichen Nutzung der Elektrizität. Damit wurde die Grundlage für Stromgeneratoren geschaffen und die Entwicklung von Elektromotoren als Antriebsaggregate eingeleitet, wie wir sie heute kennen. Es folgten die ersten elektrischen Eisenbahnen, Straßenbahnen und Straßenbeleuchtungen. Die alten Transmissionsanlagen in den Produktionshallen der Betriebe wurden schrittweise durch Elektromotoren ersetzt. 1882 erfolgte schließlich der Startschuss zur öffentlichen Stromversorgung mit der Inbetriebnahme des ersten öffentlichen Elektrizitätswerks unter Edison in New York.

Nur vier Jahre später konnte mit dem Bau eines Elektrizitätswerks in einer ehemaligen Mühle  im niederösterreichischen Scheibbs die erste elektrische Straßenbeleuchtung der Monarchie in Betrieb genommen werden. Schrittweise wurden vor allem von privaten Investoren die Energiegewinnung entlang der Flüsse ausgebaut, aber auch städtische und kommunale Kraftwerksanlagen entwickelten sich. Sie deckten anfangs überwiegend die Bedarfe aus Unternehmen und der umliegenden Ortsversorgung ab, aber schon bald konnte die Elektrizitätsenergie über längere Distanzen mit Stromleitungen transportiert werden und erste Stromnetze entstanden durch Zusammenschluss einzelner Kraftwerke.

Der Bedarf an Elektrizitätsenergie stieg stark an und keine zwanzig Jahre später wurde das Elektrizitätswerk in Wien Simmering für eine Leistung von 15000 Kilowatt ausgelegt. Die Maschinenhalle war ein eindrucksvoller Ziegelbau, dessen Innenleben von den fünf liegenden Verbunddampfmaschinen, dem darüber montierten Brückenkran und der reich ornamentierten Schaltwarte dominiert wurde. Das weithin sichtbare Gebäude wurde an der Stirnseite von zwei 65 Meter hohen, mit mehrfarbigen Ziegeln gemauerten Schornsteinen umrahmt. 

Abbildung 3: Maschinenanlage der Bahnwerkszentrale in Simmering. Gut sichtbar ist das zentrale Schwungrad der Dampfmaschinen, das inzwischen nicht mehr zum Antrieb der Transmissionen genutzt, sondern als Generator zur Erzeugung von Drehstrom verwendet wird. Das Kraftwerk gehörte bei Inbetriebnahme zum größten Elektrizitätsversorger Europas.

Der Fortschrittsglaube und Erfindergeist der damaligen Zeit lässt sich an der selbstbewussten Architektur dieser Kraftwerks- und Maschinenhallen ablesen. Heute erhaltene Denkmale der Epoche werden aufgrund ihrer architektonischen Formensprache und der Maschinen, die den Prozess der Energieumwandlung so plastisch nachvollziehbar machen, als Kathedralen der Industriekultur bewundert.

Die Anfänge der Elektrizität sind auch mit der Konkurrenzsituation der Grundenergien Wasserkraft und Kohle verbunden. Waren bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts Wasserkraftanlagen die wichtigste Quelle der Energieerzeugung, wurde mit den Dampfmaschinen Kohle zum bevorzugten Brennstoff. Mit der Entwicklung des Elektromotors konnte jedoch auch die Wasserkraft zur Stromerzeugung wieder herangezogen werden. Die ehemaligen Wasserräder wurden zu Turbinen weiterentwickelt, um sich besser an die unterschiedlichen Wasserbedingungen anzupassen. Dabei haben sich grundsätzlich zwei technische Varianten, sogenannte Laufkraftwerke mit Francisturbinen für geringere Wasserfallhöhen an den Flüssen, sowie Speicherkraftwerke mit Peltonturbinen bei aufgestauten Flüssen und Seen mit hohen Wasserfallhöhen etabliert.

Nicht weit vom ersten 1884 gebauten Kraftwerk in Scheibbs an der Erlauf entstand im Jahr 1894 auf der anderen Seite des Flusses das bis heute erhaltene Kraftwerk Mühlhof. Mit seinen technischen Spezifikationen ist es ein typischer Stellvertreter eines historischen Flusskraftwerks.

Diese sogenannten Laufkraftwerke charakterisieren eine geringe Fallhöhe zwischen dem Wasserzufluss oberhalb des dazugehörigen Stauwehrs und dem Abfluss unterhalb des Kraftwerks. Die erhaltene technische Ausrüstung in der historischen Kraftwerkshalle besteht aus der Francis Turbine mit stehender Welle und dem Turbinenregler. Die Übersetzung auf die horizontale Welle erfolgte mit einem Kammrad, dessen hölzerne Zähne die Kraft über einen Riementrieb zum Generator weiterleiteten. Das Kraftwerk hat bei seiner, vor kurzem erfolgten Renovierung einen neuen Maschinensatz erhalten und liefert bis heute Strom in das Netz. Die stillgelegte historische Anlage und die daneben neu eingebaute Kraftwerkstechnik ist für Besucher zugänglich und kann besichtigt werden. Durch die robuste Technik und lange Lebensdauer der alten Generatoren und Turbinen sind einige dieser Flusskraftwerke bis heute in Betrieb, teilweise mit der inzwischen über hundert Jahre alten Maschinenausrüstung. Inzwischen zeigen erfolgreiche Revitalisierungen, dass mit technischen Adaptierungen diese sehr reizvollen und ortsbildprägenden Kleinanlagen auch weiterhin sowohl als lebendige Industriedenkmale als auch Stromlieferanten erhalten werden können.

Abbildung 4: Kraftwerk Scheibbs, im Vordergrund die historische Turbinenanlage mit Kammrad, Regler und Generator

Viktor Kaplan, einem österreichischen Ingenieur, gelang mit einer Weiterentwicklung der Francisturbine eine revolutionäre Erfindung. Die von ihm entwickelte Turbine ähnelt einem Schiffspropeller, wird meist vertikal eingebaut und schließt im Anwendungsbereich die Lücke zwischen Francis- und Peltonturbinen. Die verstellbaren Schaufeln ermöglichen eine Steuerung der Turbine je nach Fallhöhe und Durchflussmenge des Wassers. Damit kann ein Wirkungsgrad von bis zu 95% erreicht werden, d.h. dass nur 5 % der Wasserenergie bei der Umwandlung in Bewegungsenergie verloren gehen. Die erste Kaplanturbine wurde 1918 in Brünn gebaut und ein Jahr später im Kraftwerk der Börtel- und Strickgarnfabrik im niederösterreichischen Velm in Betrieb genommen. Sie war bis 1955 im Einsatz und wird heute im Technischen Museum Wien der Nachwelt erhalten. Von Velm aus trat die Kaplanturbine ihren Siegeszug um die Welt an und kommt bis heute in großen Flusskraftwerken zur Anwendung. Hatte die erste eingesetzte Kaplanturbine in Velm eine Leistung von 26 Kilowatt, liefern die neuen, im Donaukraftwerk Ybbs-Persenbeug eingebauten Kaplanturbinen eine Leistung von ca. 33000 Kilowatt je Turbinensatz.

Abbildung 5: Francisturbine eines stillgelegten Kleinkraftwerks (Bild links) und als Denkmal aufgestelltes Laufrad einer Kaplanturbine (Bild rechts)

Neben den Laufkraftwerken, von denen vor allem das bereits erwähnte Kraftwerk Ybbs – Persenbeug als ältestes Donaukraftwerk ein bemerkenswertes Beispiel der Nachkriegsarchitektur und Technologie ist, haben sich auch die Speicherkraftwerke in Niederösterreich früh etabliert. Sie müssen nicht kontinuierlich laufen und können zur Abdeckung von Stromverbrauchsspitzen eingesetzt werden. Als ein wichtiges industriehistorisches Beispiel gilt das Werk Wienerbruck, bei dem das Stauseewasser des Erlaufsees über Druckrohrleitungen mit einer Fallhöhe von 165 Metern auf die Peltonturbinen trifft. Das im südlichen Niederösterreich gelegene Speicherkraftwerk galt bei seiner Eröffnung im Jahr 1911 als das größte seiner Art in der Monarchie und ist bis heute in Betrieb und als Industriedenkmal zu besichtigen.

Parallel zu den Fortschritten der Wasserkrafttechnologie erfuhren auch die Wärmekraftmaschinen eine ständige Weiterentwicklung. Die um 1900 in den Maschinensälen der Kraftwerke vorherrschenden großen Kolbenverbunddampfmaschinen mit ihren Hoch- und Niederdruckzylindern wurden relativ rasch von den Dampfturbinen abgelöst, die sich aufgrund des viel besseren Wirkungsgrades schnell durchsetzen konnten und bis heute in thermischen Kraftwerken anzutreffen sind. Bei der Umsetzung der Wärmeenergie zur gewonnenen elektrischen Energie waren Dampfturbinen mit über 30% den Kolbendampfmaschinen mit nur 15 – 18% Wirkungsgrad weit überlegen. Aber nicht nur die Umwandlung der Energie in den Turbinen, sondern der gesamte Energiekreislauf, von der Verbrennung der Kraftstoffe bis zur Dampfgewinnung, verbesserte sich kontinuierlich. Ein wichtiger Schritt ist die möglichst effektive Erhitzung des Wassers. Dabei wird der Kessel mit einem dichten Rohrbündel durchzogen, indem je nach Bauart bei Flammrohrkesseln entweder die heißen Rauchgase geleitet, oder bei Wasserrohrkesseln die Wasserrohre von Rauchgasen umspült werden. Durch Erhöhung des Kesseldrucks, Überhitzen des Dampfes und Vorwärmen des Wassers konnte die Leistungsfähigkeit von Dampfkesseln enorm gesteigert werden. Im Kessel- und Maschinenhaus der ehemaligen Schraubenfabrik Brevillier Urban in Neunkirchen kann die Funktionsweise eines Wärmekraftwerks anhand der historischen Einrichtung nachvollzogen werden. Auch wenn die ursprünglichen Dampfkessel nicht mehr erhalten sind, zeigen die beiden originalen Dampfturbinen, Kondensatoren und Speisepumpen ein seltenes technisches Ensemble eines frühen Dampfkraftwerks.

Abbildung 6: Kondensatorkessel einer Dampfturbine der Schraubenfabrik Brevillier Urban in Neunkirchen

Die weitergehende Optimierung der Verbrennungs- und Energieumwandlungsprozesse ließ die Dampfkessel zu weithin sichtbaren Industrieanlagen wachsen. Das Kesselhaus des einst größten Kohle- und Gaskraftwerks Österreichs in Dürnrohr ist 100 Meter hoch. In dem mehr als 1500 Tonnen schweren Kessel wurde der Dampf auf über 500 Grad erhitzt und mit einem Druck von 258 bar auf 4 Turbinen verteilt. Das Kraftwerk Dürnrohr wurde 1987 als Ersatz für das Atomkraftwerk Zwentendorf, ein turbulentes Kapitel österreichischer Industriegeschichte gebaut. Der Verlauf der Geschichte ist bekannt und so steht das Kraftwerk Zwentendorf heute als Denkmal eines nie in Betrieb gegangenen Kernkraftwerks der Nachwelt zur Verfügung.

Neben der Erzeugung des Wasserdampfes durch Verbrennung von Kohle, Öl, Gas oder Kernenergie kann der Brennstoff auch direkt in mechanische Energie umgewandelt werden, wie es bei Gasturbinen oder Verbrennungskraftmotoren der Fall ist. 1943 ging die erste Gasturbine Österreichs in Neusiedl an der Zaya in Betrieb, um das durch die Fördertätigkeit des nahen Erdölreviers anfallende Erdgas zu verbrennen. Damit war der Weg für die bis heute andauernde Epoche der Erdgasnutzung bereitet. Die hohe Abgastemperatur von Gasturbinen ermöglicht zusätzlich die Kombination von Gas- und nachgeschalteten Dampfturbinen, wodurch Wirkungsgrade von bis zu 60% erzielt werden können. Diese Technologie kam im Kraftwerk Korneuburg 1958 österreichweit erstmals zum Einsatz.

Die alleinige Nutzung von Dieselaggregaten zur Stromversorgung ist selten, viel häufiger werden diese Verbrennungskraftmaschinen zur Notstromversorgung oder gelegentlichen Spitzenabdeckung verwendet. Ein Beispiel für ein komplettes Kraftwerk ist die erhaltene Dieselzentrale in Schwechat, die aus dem Jahr 1906 stammt und die Brauerei Schwechat mit Strom versorgte. Das in Ziegelbauweise errichtete Maschinenhaus mit den überwiegend im Originalzustand befindlichen vier Dieselmotoren und Generatoren, die von der Grazer Maschinen- und Waggonbau Aktiengesellschaft hergestellt wurden, bilden zusammen mit der historischen Schalttafel und dem Brückenkran ein einzigartiges Kraftwerksensemble aus den Anfängen der Verbrennungsmotorentechnologie.

Abbildung 7 Maschinenhaus mit vier Dieselgeneratoren und historischer Schaltwarte der ehemaligen Schwechater Brauerei

Ähnlich wie in den Pioniertagen der Kraftwerkstechnik stehen wir auch heute wieder vor großen Umwälzungen in der Energieversorgung. Mit der Notwendigkeit, den Fokus auf nachhaltige und erneuerbare Energien zu richten, ändert sich die gewohnte Silhouette und während die riesigen Kesselanlagen, Kühltürme und Schlote alter kalorischer Kraftwerke zunehmend verschwinden, werden Windkraftanlagen und Photovoltaikkraftwerke zu landschaftsprägenden Elementen. Die erhaltenen historischen Kraftwerke bleiben allerdings faszinierende technische Zeitzeugen, die durch Erfindungsreichtum und Innovationskraft Industrialisierung und technischen Fortschritt erst ermöglichten.

Bildnachweis: 

Bild 2: Baumwollspinnerei Oberwaltersdorf: Quelle: Romana Fürnkranz, Architekturfotografie

Bild 3: Bahnwerkszentrale Simmering: Quelle Originalnegativ bei Wienstrom, 1912

Bild 4: Kraftwerk Scheibbs: Quelle: EVN, Plutsch

Bild 5: Kaplan Turbine Quelle: wikimedia User Reinraum, Francis Turbine Quelle: Verfasser

Bild 6: Maschinen und Kesselhaus Brevillier Urban Quelle: Verfasser

Bild 7: Maschinenhaus Dieselzentrale Quelle: Verfasser

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